Bericht

8. Mai 2012

Burnout: Wichtig ist, offen darüber zu sprechen

Wie sich das "Ausgebranntsein" erkennen lässt - und was man dagegen tun kann  

Jutta Diehl


Hier finden Sie Hilfe:

Evangelisches Beratungsportal

Es begann damit, dass Stefan K. nicht mehr einschlafen konnte. Die Gedanken kreisten um seinen Beruf als Sozialarbeiter, morgens fühlte er sich wie erschlagen. Dann fiel eine Kollegin aus, der Dienstplan änderte sich, von „oben“ gab es Druck. Obwohl Stefan K. Überstunden machte, hatte er das Gefühl, seine Arbeit nicht mehr zu schaffen. Irgendwann ging es nicht mehr, sein Hausarzt schrieb ihn krank. Er sei ausgebrannt, habe ein „Burnout“.

Burnout des Propheten

„Burnout“ - ein moderner Begriff für ein seit Jahrtausenden bekanntes Phänomen. Schon im Alten Testament der Bibel flüchtet der Prophet Elias, erschöpft vom Wunderwirken im Namen Gottes, in die Wildnis, stürzt in Verzweiflung und verfällt schließlich in tiefen Schlaf. Das Leiden wurde „Elias-Müdigkeit“ genannt, später dann Erschöpfungssyndrom. Neu ist, dass es sich heute um ein Massenphänomen handelt. Ist Burnout deshalb eine „Modediagnose“?

Gefühl mangelnder Anerkennung und Selbstüberforderung

„Nein“, sagt Dr. Wolfgang Schrödter, Leiter des Evangelischen Zentrums für Beratung in Höchst. Er habe in seiner Arbeit schon „seit ewigen Zeiten“ damit zu tun. Allerdings nehme der Beratungsbedarf ständig zu. Grund dafür sei die moderne Arbeitswelt mit Leistungsverdichtung, ständigen Umstrukturierungen und Personalreduzierungen. Aber auch die Diskrepanz zwischen den objektiven Fähigkeiten und dem eigenen Selbstbild. Gerade bei jüngeren Arbeitnehmern stelle er eine starke Tendenz zur Selbstüberschätzung fest. Da ist der Schritt nicht weit zu dem Gefühl, nicht anerkannt zu werden. Und mangelnde Anerkennung, verbunden mit dem Anspruch, alles schaffen zu müssen, führt zur Überforderung. „Die Ratsuchenden sind erstaunt, dass sie abends um neun vor dem Fernseher einschlafen“. Dabei sei das nach einem anstrengenden Arbeitstag durchaus normal.

Ermutigung, Hilfe zu suchen

Kritisch wird es, wenn die Angst, zu versagen, überhand nimmt und körperliche Symptome wie Konzentrationsschwäche, Schlafstörungen oder Herzprobleme hinzukommen. Viele Menschen scheuen sich dennoch, rechtzeitig Hilfe zu suchen. Nicht belastbar oder gar psychisch krank zu sein, gilt vielen immer noch als Schwäche. Während Menschen aus sozialen Berufen ein Gespür für seelische Belastungen hätten und offener damit umgingen, seien Betroffene aus anderen Branchen häufig „überrascht von den Symptomen“, sagt Dr. Schrödter.

Wege aus der Krise

Dabei ist eine langwierige Psychotherapie oft gar nicht notwendig. In vielen Fällen genüge schon eine Beratung mit 10 bis 15 Gesprächen. So war es auch bei Stefan K. Gemeinsam mit Dr. Schrödter suchten er und seine Frau nach Wegen aus der Krise. Schließlich entschied sich das Paar, eine Betreuung für die Kinder zu organisieren. Stefan K. reduzierte seine Arbeitszeit, seine Frau stockte ihre Stundenzahl auf. Heute geht es beiden wieder gut. Es muss also nicht gleich ein neuer Arbeitsplatz Beruf sein. „Man muss sich auch einfach mal entlasten können“, sagt Dr. Schrödter. Und wie geht er selbst mit dem Thema in seinem Arbeitsumfeld, mit seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern um? Dr. Schrödter: „Es ist wichtig, dass man offen darüber spricht.“

Jutta Diehl / Evangelische Kirche in Frankfurt